Nubische Dörfer in Südägypten – Farbenpracht in der Wüste

Ägypten ist immer faszinierend. Die kulturellen Schätze aus dem Land der über 6000 Jahre alten, geheimnisvollen altägyptischen Kultur an der Grenze der Kontinente, die Zeugen einer einmaligen, reichen Geschichte und auch die Sandstrände am Mittelmeer oder am roten Meer ziehen regelmäßig Rekordmengen von internationalen Touristen an. Die Gegend um den Nil im Süden Ägyptens ist von besonderem landschaftlichen Reiz, aber auch Kulturreisende kommen nicht zu kurz, denn dort, südlich von Assuan lebten die Nubier, eine Hochkultur, die den Ägyptern durchaus ebenbürtig war. Tatsächlich bestand die 25. Dynastie der ägyptischen Pharaonen zwischen 735 und 664 v. Chr. aus nubischen Fürsten. Heute findest du dort im Süden neben den nubischen Pyramiden vor allem nubische Dörfer, die sich durch ihre Farbenpracht und eigene Kultur vom restlichen Ägypten abheben. Ein e-Visum für Ägypten ist schnell online beantragt und der Assuan International Airport (ASW) ist der richtige Ankunftspunkt für eine Reise durch das alte Nubien.

Nubien war eine Hochkultur, die auch die Römer nicht besiegen konnten

Lange galt das Reich der dunkelhäutigen Nubier als eine Art Kolonie Ägyptens. Neuere Forschungen zeigten aber, dass es spätestens ab etwa 270 v. Chr. ein mächtiges Reich war, das selbst die Römer nicht besiegen konnten, obwohl der römische Kaiser Augustus es mit einem Feldzug 21 v. Chr. versuchte, zu der Zeit, als die letzte ägyptische Pharaonin, Kleopatra, schon tot war und Ägypten von den Römern regiert wurde. Die römische Propaganda machte aus dem Feldzug einen grandiosen Sieg, aber in Wahrheit war er eher eine Niederlage. Im Friedensvertrag mit den Nubiern 20 v. Chr. musste der Imperator die Grenze Ägyptens sogar um 18 Meilen zurücknehmen. Stelen aus dieser Zeit zeigen, wie sich die nubische Königin Amanishakheto römische Kriegsgefangene vorführen lässt. In der nubischen Kultur waren Frauen gleichberechtigt und konnten auch angesehene Berufe ausüben, die in Ägypten rein männliche Domänen waren.

Die Nubier waren die Verbindung des Nordens zu Afrika

Das Reich von Kusch, wie die alten Ägypter Nubien nannten, wurde reich vor allem durch den Handel mit typisch afrikanischen Waren, die von den mächtigen Reichen im Norden, den Ägyptern, den Römern, den Karthagern, solange sie noch existierten, dem äthiopischen Reich von Axum, den Seleukiden in Syrien oder den Persern gebraucht wurden. Das waren etwa Elefanten, die in großen Mengen als Kriegselefanten ausgebildet wurden, Elfenbein, Giraffenschwanzhaare, mit denen lange Schmuckketten gefertigt wurden, Gold, Gewürze, Straußeneier, wilde Tiere, wie Löwen oder Panther, die bei den Zirkusspielen in römischen Städten „verbraucht“ wurden, Sklaven und Söldner. Die Nubier hatten eine reiche Tradition von Schützen, die mit verschiedenen Bogenarten im Kampf ohne Rüstung, beschützt von Speer- oder Schwertkämpfern, äußerst effektiv waren. Nubische Bogenschützen stellten Kontingente in römischen Legionen, sowie für die Ptolemäer in Ägypten. Die Lage Nubiens direkt südlich des zu der Zeit riesigen römischen Reiches, das bekanntlich bis in den hohen Norden Galliens und bis auf die Britischen Inseln reichte, machten es zur Drehscheibe des Handels mit typisch afrikanischen Waren mit dem gesamten Norden, einschließlich Asiens.

Die altnubische Kultur ist zu großen Teilen untergegangen

Es gibt Gründe für die geringe Bekanntheit der alten nubischen Kultur. Der Ruhm und Glanz der alten Ägypter überschattete die Hochkultur im schlechter zugänglichen afrikanischen Binnenland schon seit der Antike. Im Rahmen der europäischen Forschungsreisen in Afrika wurden auch wichtige Kulturgüter geraubt und aus ihrem kulturellen Umfeld entfernt, wie etwa der Goldschatz der Königin Amanishakheto, der heute in den Ägyptischen (!) Museen in Berlin und München gezeigt wird. Ein weiterer Grund besteht im Assuan-Stausee, der ab 1971 angestaut wurde und der bis in den Sudan hinein auf 500 Kilometer Länge die gesamten historischen Ufer des Nils, an denen sich im trockenen Afrika natürlich seit jeher das kulturelle Leben abgespielt hatte, unter Wasser setzte. Als Folge davon gibt es heute im Sudan mehr Pyramiden als in Ägypten. Die nubischen Pyramiden sind steiler, aber auch deutlich kleiner als die meisten ägyptischen.

Der Assuan-Stausee – Segen und Fluch

Der riesige Stausee mit einem Fassungsvolumen von etwa 150 Kubikkilometern Wasser ist in der Lage die Hochwässer des Nils aufzufangen, so dass die vorher regelmäßig verheerenden Hochwasserschäden vermieden werden können. Gleichzeitig konnten durch die verlässliche Bewässerung große neue Gebiete für ganzjährige Landwirtschaft erschlossen werden. Bis zu drei trockene Jahre, die vorher zu Hungerkatastrophen führten, können durch das angestaute Wasser überbrückt werden. Während des Baus und der Auffüllung des Assuan Staudamms wurden viele kulturelle Monumente im Überflutungsgebiet abgebaut und in höher gelegenen Gebieten wieder aufgebaut. Einige der besonders beeindruckenden nubischen Tempel kann man heute im Original in New York, Madrid, Leiden oder Turin bewundern. Viele Tempel und Anlagen wurden auch in Khartum wieder aufgebaut aber die meisten Zeugnisse der alten Hochkultur sind im Wasser des Assuan-Stausees versunken. Etwa 75 000 Nubier wurden in den Bereich zwischen Assuan und Kom Ombo umgesiedelt, einer Stadt im Norden von Assuan, in deren Umfeld auch einige nubische Dörfer entstanden, in denen noch die nilnubische Sprache gesprochen wird.

Farbenfeste zwischen Wüste und Nil – Nubische Dörfer in Ägypten

Die bekanntesten und vielleicht auch sehenswertesten nubischen Dörfer, deren einmalige Schönheit durch ihre bunt angemalten Häuser im Kontrastbereich zwischen der Wüste und dem Nil entsteht, befinden sich in Assuan selber, wo auch mehrere Museen typisch nubische Kulturgüter bewahren. Es gibt dort zwar auch viel Tourismus, aber die Fahrt auf einer Dhau oder Feluke durch die Inselwelt des Nils in Assuan ist schon ein Erlebnis. Wer einmal etwas tiefer, als der typische Tourist dieser Touren in die nubische Kultur eintauchen möchte, dem empfehlen wir, sich für ein paar Tage in einem nubischen Dorf einzuquartieren und das Leben auch während der ruhigen Zeiten dort zu genießen. Das geht zum Beispiel auf der größten Insel Sehel im Süden der Inselgruppe und im nubischen Dorf am gegenüberliegenden Westufer des Nils. Auch sehr bekannt sind die zwei nubischen Dörfer auf der Elephantine-Insel, der nördlichsten der Inseln, die touristisch stärker frequentiert sind. Am südlichen Westufer des Nils in Assuan gibt es recht preiswerte Unterkünfte in nubisch geprägter Umgebung, wie etwa im Onatyka Gasthaus, im Fenti Nubian Resort oder im Kulih Nubian Guest House. Gegenwärtige, touristisch unerschlossene Reste nubischer Kultur findest du im Norden Assuans bis nach Kom Ombo.

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