Datum: 19.10.2011 | Ort: Trinidad
Supermarkt in Trinidad
Wir stehen zeitig auf und machen uns auf die Suche nach einem Supermarkt. Nachdem wir eine knappe Stunde durch die Stadt irren, finden wir schließlich in einer Parallelstraße zur Hauptstraße einen. Die Auswahl ist sehr begrenzt. Kekse, wie wir sie sonst immer auf unseren Tagestouren als Proviant dabei haben, gibt es nicht. Dafür gibt es eine seltsam große Auswahl an Chips in den ausgefallensten Geschmacksrichtungen, wie Schnittlauch Sourcream (oder so ähnlich).
Mit einem Sixpack Wasser gehen wir zufrieden zurück zur Unterkunft, vorbei an dutzenden Leuten die uns ein Taxi, Lokal, Internet oder Pferde andrehen wollen.
Fahrradverleih in Trinidad
In der Unterkunft treffen wir unseren Gastgeber Ramón. Er bringt uns durch die Stadt zu einem Fahrradladen, der laut seiner Aussage einer Freundin gehört. Nach wenigen Straßen habe ich komplett die Orientierung verloren. Die Dame die uns empfängt wirkt freundlich, etwas streng, und irgendwie so als würde sie das öfter machen – oder auch nie.
Die Fahrräder stehen in ihrem Wohnzimmer. Ein kleiner brauner Chihuahua mit platter Nase und fürchterlichem Überbiss wuselt um uns herum. In einem Schaukelstuhl in der Ecke sitzt die extrem runzelige Oma des Hauses ohne Zähne und hängt ihren Gedanken nach, ohne uns groß Aufmerksamkeit zu schenken. Überall stehen Stoffblumen und Bilder in absolut nicht zusammenpassenden Rahmen.
Wir bekommen die Räder gezeigt. Mein erster Impuls ist es zu lachen und zu gehen. Die Fahrräder sind älter als das meiner Großtante, das wir vor einiger Zeit geerbt haben, und das ist von vor dem zweiten Weltkrieg.
Ein Rad ist schwarz, eins ist grün. In der Ecke steht noch ein drittes aus der gleichen Zeit. Es gibt nur Rücktrittbremse, keine Bremse am Lenker. Die Sättel sind im Vergleich zu modernen riesig. Die Räder sind sehr schwer und sehr rostig. Das grüne hat einen höhenverstellbaren Sattel, das schwarze hat nur eineinhalb Pedale.
Die Dame des Hauses bricht gekonnt eine lose Speiche aus einem Hinterrad. Meine Begeisterung hält sich in Grenzen. Doch Max wittert das Abenteuer und ist voll begeistert. Wir bekommen die Reifen noch mal aufgepumpt, die Anweisung uns nur auf offiziellen Wegen zu halten, nur offizielle Parkplätze zu nuten und nicht über Feldwege zu fahren. Dann gibt sie uns zum Abschied noch ihre Adresse, eine Kette und ein Vorhängeschloss zum Absperren. Max zahlt je Rad 6 CUC und mit der Ermahnung im Rücken, um spätestens 7 wieder da zu sein, ziehen wir von Dannen. Langsam. Wackelig.
Mein Lenker geht extrem schwer. Vielleicht liegt es an meiner Tasche im Fahrradkorb, vermutlich liegt es aber eher an der Konstruktion. Wann immer ich eine Kurve fahre, stoße ich mit dem Fuß an das Vorderrad. Es fährt sich daher nicht sonderlich angenehm. Max stellt bereits nach wenigen Metern fest, dass sein Pedal gelegentlich leer durchtritt. Das Zahnrad über das seine Kette läuft ist aber auch ganz fürchterlich verbogen. Sein Abenteurergeist ist jedoch ungebrochen.
In Trinidad Fahrrad zu fahren ist eine Herausforderung. Wir bleiben auf einer der wenigen Teerstraßen. Um uns herum wuseln Menschen, Pferde, Esel, Kutschen, Roller, Autos, andere Fahrräder und gelegentlich mal ein Huhn oder ein Hund. Ich bin bereits nach wenigen Minuten mit den Nerven am Ende. So vorsichtig wie möglich rolle ich den Berg aus der Stadt hinab.
Unten am Berg machen wir den ersten Halt. Max sitzt inzwischen nämlich da wie auf einem Chopper-Bike, denn sein Sattel hat sich nach unten verstellt. Also, Letherman (Kombiwerkzeug) raus, Sattel festzurren und dann geht es weiter.
Wir fahren raus aus der Stadt. Auf einer nicht sehr viel befahren Landstraße geht es leicht hügelig dahin. Neben uns sind Wiesen, in der Ferne sieht man die Berge. Wir fahren vorbei an gutgelaunten alten Herren die grinsend grüßen, werden von mehreren Kutschen im Galopp überholt und auch das ein oder andere Auto fährt an uns vorbei. Manche Autofahrer – offenbar Kubaner – Machen Fotos von uns. Das ist seltsam.
Nach einiger Zeit kommen wir an einer Pferdefarm vorbei. Vor dem Tor ist ein Pferd angebunden, das am Bauch und der Flanken handflächengroße Wunden hat, über die offenbar gerade erst wieder Haut wächst. Offenbar wurden sie mit einem Sattel aufgewetzt. Das arme Tier sieht komplett zerschunden aus und starrt leer vor sich hin. Pferde wie dieses sind der Grund, warum ich keine Touristenattraktionen mit Tieren buchen möchte.
Der Strand von LA Boca
Wir fahren weiter. Irgendwann kommen wir nach La Boca. Die Stadt ist klein, unscheinbar und es gibt viele Hostels. Wir sind gespannt auf den Strand. Wir fahren um eine Ecke und sehen einige schilfgedeckte Schirmchen auf einem mickrigen Strand stehen. Der Sand ist zugemüllt, direkt neben dem Strand steht ein großer Müllcontainer. Eigentlich ist überall Müll.
Hinter einem Maschendrahtzaun liegen ein paar kleine Boote an einem Holzsteg. Da sieht es nett aus. Der Strand ist furchtbar.
Wir fahren einige hundert Meter weiter. Hier gibt es zwar keine Sandstrand, dafür Rifffelsen, zwischen denen man ins Wasser kommt. Dort spielt eine Mutter mit einigen kleinen Kindern und bunten Wassertieren. Das erweckt zumindest den Eindruck von etwas Strandidyll. Doch auch hier mag kein so richtiges „jippy“-Strandgefühl aufkommen.
Wir flüchten aus La Boca. Eine Straße, zu deren Beginn bereits ein Schild mit ‚Vorsicht Straßenschäden‘ steht, bringt uns aus der Stadt. Das Schild ist keine Übertreibung. Wenn kubanische Straßen bereits im Normalfall einem Flickenteppich mit Schlaglöchern gleichen, dann ist diese Straße der Gipfel der Erosion. An vielen Stellen ist der Straßenrand an beiden Seiten zerbröckelt, so dass gerade noch eine kümmerliche Fahrspur in der Mitte bleibt.
Playa la Boca nach Paya Ancon
Doch es ist nicht viel los und wir haben die Straße beinahe für uns allein. Falls doch mal ein Auto kommt, fahren wir an den Straßenrand. Aber das ist nur selten nötig. Gelegentlich gibt es Stufen zum Meer. Hier sind Taucherspots. Im Vergleich zum Strand, an dem wir gerade vorbeigekommen sind, sehen sie wirklich gut aus. Außerdem sind die meisten von ihnen komplett verlassen. Eine andere Touristin erzählt uns später, dass man hier teilweise Schnorchelsets schon für kaum mehr als 1 CUC pro Tag leihen kann, falls mal ein Händler vorbei kommt.
Die Straße zieht sich. Es gibt kaum Schatten, links und rechts wachsen für Kilometer die gleichen Bäume. Es ist heiß, langsam werden wir müde. Die miserablen Fahrräder tun das ihrige. Nach einigen Kilometern kommen wir wieder einmal an einen Taucherspot. Anders als bei seinen Vorgängern ist dieser aber belebt und es gibt ein kleines Lokal am Straßenrand. Wir beschließen eine Rast einzulegen.
Die Familie, die den Imbiss bewirtschaftet erinnert mich irgendwie grob an Breaking Bad, die amerikanische Serie über Drogenhandel. Der Vater würde einen super Darsteller für einen Don abgeben. Die Mutter steht mit bösem Blick und seltsame aufgewickelten Haaren hinter der Bar und der Sohn sitzt herum und witzelt mit seinem Vater. Nur die Tochter, vermutlich gerade volljährig, begrüßt uns mit einem freundlichen Lächeln. Wir bestellen uns Wasser und Sandwiches.
Es dauert einige Zeit bis das Essen kommt. Eine Horde Katzen lungert vor der Küche herum und sonnt sich. Die Männer reißen irgendwelchen dummen Witze und lachen. Die Mutter guckt weiter böse.
Die Sandwiches kommen. Sie bestehen zwar aus Milchbrötchen, sind aber lecker. Der Käse darauf schmeckt nicht einmal muffig. Das ist ein echter Fortschritt. Wir zahlen 7 CUC für zwei Käsesandwiches und ein großes Wasser. Für hiesige Verhältnisse ist das ein sehr guter Preis.
Wir fahren weiter. Die Straße ist lang, gerade und heiß. Auf einmal sehen wir einen Schatten hinter den Büschen am Straßenrand auftauchen. Nur wenige Meter vor uns stürzt sich ein Adler herab. Er krallt sich mit seinen mächtigen Klauen einen Flügel der dort am Boden liegt und erhebt sich majestätisch zurück in die Luft. Alls wir ihm näher kommen lässt er den Flügel wieder fallen und schwebt einige Zeit nur wenige Meter über uns. Dann taucht er hinter den Büschen ab – nur um kurz darauf wieder zurück zu kommen und uns zu umkreisen. Drei mal taucht er wieder auf und verschwindet kurz darauf wieder. Dann schraubt er sich weiter in den Himmel empor und verschwindet. Fasziniert sehen wir ihm nach. Als wir abends die Videos von unserem Ausflug ansehen, finden wir auch die Antwort, warum wir so interessant für das imposante Tier waren. Was uns auf der Straße nämlich noch gar nicht so aufgefallen ist: Max Fahrrad quietscht ganz fürchterlich.
Wir fahren weiter. Irgendwann biegen wir ab und die Straße bekommt eine Art Fahrradweg, da Reste der alten Straße nebenherführen. An vielen Stellen besteht sie zwar aus nicht mehr mehr als losen Steinchen und Sand, aber es ist ganz angenehmem paar Meter abseits des restlichen Verkehrs zu fahren, der an dieser Stelle doch etwas stärker ist. Irgendwann kommen wir an eine Stelle der Halbinsel, an der wir auf das Festland hinüber sehen können. Vor uns liegt die Bucht mit einem altem rostigen Schiffswrack in der Mitte, dahinter ein kleiner Hafen und dann Trinidad an seinem Hang. Es ist ein schöner Anblick.
Playa Ancon
Wenig später erreichen wir Playa Ancon. Wir fahren auf den Parkplatz, wie uns unsere Fahrradverleiherin vorgeschrieben hatte. Als ein freundlicher Herr auf uns zukommt und uns für das Parken 1 CUC je Fahrrad abkassiert, wissen wir auch, wieso ihr das so wichtig war. Ein bisschen genervt zahlen wir und gehen dann an den Strand.
Der Strand ist schön. Natürlich ist er bei weitem nicht so groß wie der Playa Mayor in Varadero, aber er ist doch recht ordentlich lang. Die wenigen Touristen, die zu diesem Zeitpunkt hier sind, verteilen sich ganz gut. Der Sand ist weiß und es stehen sehr viele Bäume herum, die Schatten spenden. Das Wasser wirkt klar und ist schön blau. Außerdem dümpeln ein paar Pelikane in den Wellen.
Direkt hinter dem Strand steht ein großer Hotelkomplex. Ein weiterer ist an scheinend gerade in Bau, denn auf der Straße ist ordentlich Betrieb mit LKW die Bausand heranschaffen.
Wir sind müde und ich setze mich auf einen Ast, der eine natürlichen Sitzplatz bietet. Max steht daneben und sieht etwas verdrießlich über das Idyll. Wir sind inzwischen ordentlich erschöpft. Vom Anfangsenthusiasmus ist nicht mehr viel geblieben. Ich weiß nicht ob Kubaner unter „es ist eine nette Strecke für eine Radtour“ etwas anderes verstehen als Deutsche oder so eine gute Kondition haben, aber wir sind am Ende und der komplette Rückweg steh noch aus. Allzu lange können wir uns dann am Playa Ancon auch nicht halten. Dunkle Wolken türmen sich am Himmel auf und verheißen einen ordentlichen Guss.
Radtour Paya Ancon nach Trinidad
Wir eilen also zurück zu unseren Rädern. Vom Parkplatzwächter ist nichts mehr zu sehen. So viel also zu offizieller Parkplatz. Wir machen unsere Fahrräder vom Baum und radeln erneut los. Langsam kommen immer mehr Wolken, der Himmel wird grau und es wird windig. Über Trinidad regnet es bereits. Während wir noch beratschlagen, ob das Unwetter in unsere Richtung kommt, spüren wir bereits die ersten Tropfen. Max erinnert sich bei der Herfahrt in einigen Kilometern ein Lokal gesehen zu haben. Also geben wir ordentlich Gas, während sich das Unwetter immer Näher an uns heranarbeitet.
Mit den ersten großen Tropfen erreichen wir eine kleine Bar mit überdachten Sitzplätzen. Wir hechten unter das Dach und um uns herum bricht die Sintflut los.
Einige Elektriker, die gerade die Verkabelung der Lampen erneuern, nehmen vorsichtshalber etwas Abstand von den offenen Kabeln. Das ganze sieht nicht sehr vertrauenserweckend aus. Wir halten sicherheitshalber etwas mehr Abstand und bestellen uns zwei Wasser. Außer uns ist noch eine Familie mit Kindern hier, außerdem zwei junge Kerle mit einer weiblichen Begleitung.
Der kleine der Beiden hat dunkle Locken, ist nicht all zu groß und behält die ganze Zeit seinen Rollerhelm auf. Mit großen Augen beobachtet er die beiden anderen.
Der Anderen ist ein gutes Stück großer, pickelig, sitzt extrem breitbeinig da und versucht offenbar die Blondine ihm gegenüber klar zu machen. Er kaut ununterbrochen mit offenem Mund Kaugummi und raucht derzeit Kette. Zudem kippt er ein Bier nach dem anderen. Einige schlechte Tattoos vervollständigen das Bild eines nicht allzu vorteilhaften Lebenswandels. Irgendwann holt er eine Musikbox raus und erklärt dem Mädel voller Inbrunst den Songtext eines R’nB Songs. Ich beobachte die Szene einige Zeit, widme mich dann aber lieber wieder meinem Wasser.
Als der Regen nachlässt, fahren wir weiter. Die Straße zieht sich. Ein Wegweiser spricht von 7 Kilometern. Wir fahren einen anderen Weg als auf der Herfahrt. Die Gegend ist schön. Im flachen Wasser neben der Straße laufen Reiher und Regenpfeifer. Wir merken, dass wir uns der Stadt nähern, als der Verkehr immer mehr wird. Gelegentlich sehen wir auch Touristen auf Fahrrädern. Keines der Dinger ist so abgewrackt, wie die unseren. Die meisten sind sogar ziemlich modern. Immer öfter frage ich mich, wo die die Räder wohl her haben. Sicher nicht aus Omis Wohnzimmer.
Mit dem zunehmenden Verkehr steigt auch die Zahl an Schlaglöchern und die Menge an Pferdemist auf den Straßen. Unsere Räder haben keine Schutzbleche und so spritzt alles was auf die Räder kommt zu uns hoch. Ich werde immer nasser, dreckiger und stinkiger – und meine Laune erreicht einen neuen Tiefpunkt. Ich würde gerne das Fahrrad in den Straßengraben werfen, aber irgendwie muss ich ja zurück kommen. Wenn zu viel Wasser auf der Straße ist oder er steil wird steigen wir ab und schieben müde vor uns hinstarrend die Räder – zur Belustigung der Einheimischen am Straßenrand. Ich habe keinerlei Zweifel daran, dass sie uns für komplett bekloppt halten.
Wir kommen nach Trinidad rein, allerdings nicht dahin wo wir uns auskennen, sondern in ein ganz anderes Viertel. Verwirrt suchen wir die Bahngleise als Orientierungspunkt. Wir schleichen weiter durch die Straßen. Gelegentlich muss ich das schwere Rad ziemlich hohe Gehsteige hinaufwuchten oder aus Schlaglöchern ziehen. Dabei ramme ich mir regelmäßig die Pedale in die Beine.
Die Bahnstrecke ist unauffindbar, die Kräfte sind am Ende.
Max rettet die Situation mit einer Sightseeing App, die unseren Standort ortet. Wir finden die richtige Querstraße, schieben mit letzten Kräften den Berg hinauf und stehen dann ratlos in einer Straße, die so, oder so ähnlich aussieht, wie der in der wir die Räder bekommen haben. Der Adresszettel und eines der wenigen Straßenschildern führen uns nach weiteren nervenaufreibenden und ermüdenden Minuten zu dem Haus.
Die Dame des Hauses begrüßt uns freundlich. Etwas wortkarg schieben wir ihr die Räder zurück ins Wohnzimmer und verabschieden uns schnellstmöglich. Ich glaube die Dame ist etwas perplex. Ich hätte ihr gerne von unserem Ausflug erzählt und den netten Tipp gegeben, die Tour nicht für Touristen zu empfehlen, zumindest nicht mit den Rädern. Aber die Sprachbarriere lässt auch das unausgesprochen.
Wir gehen zurück zur Unterkunft. Max legt einen ordentlichen Stechschritt vor, ich zuckel auf den holprigen Steinen hinterher. So fertig wie wir aussehen versucht uns heute nicht einmal jemand ein Taxi Collectivo am Plaza Mayor anzudrehen.
Wir duschen. Ich muss mit meiner Seife rubbeln bis die Haut rot wird, um den inzwischen eingetrockneten Schmutz von den Beinen zu bekommen. Es ist ein weiteres Mal ein bisschen ekelig.
Essen in Trinidad
Nach dem Duschen ziehen wir los, um etwas zu essen zu organisieren. Unsere Wahl fällt auf einen Imbiss unweit des Plaza Mayor. Max bestellt einen Burger, ich eine Pizza. Max Hamburger besteht aus zwei kleinen Fleischfladen, Salat und ungetoastetem Toastbrot. Max besteht darauf, dass er lecker ist. Ich bestelle mir Pizza mit Gemüse. Das was ich bekomme, sieht auch aus wie eine Pizza. Was etwas unerwartet ist, ist das Gemüse. Es sind hauptsächlich saure Gurken.
Es ist mir egal. Ich bin dermaßen ausgehungert, dass ich das ganze Ding verputze. Als ich mich am Tag darauf mit unserer Mitbewohnerin Faith unterhalte, erzählt sie, dass sie am gleichen Tag, wohl zu anderer Zeit dort Pizza gegessen hat. Ihre Beschreibung lautete grob: „ganz fürchterlich!“
Wir ziehen weiter. Gut gestärkt kehren die Lebensgeister zurück. Wir beschließen einen Geldautomaten zu suchen. Da wir keinen blassen Schimmer haben wo hier eine Bank ist, ziehen wir auf gut Glück los. Den Plaza Mayor im Rücken laufen wir nach links, schauen durch sie Gassen und schauen anderen Touristen zu, die versuchen über die noch immer breiten Wasserrinnen auf der Straße zu hüpfen.
Sehenswertes in Trinidad, abseits der Sehenswürdigkeiten
An einem alten Gebäude entdecken wir dabei eine Katze, die uns gesprächig anmiauzt. Sie kommt direkt her und lässt sich von uns knuddeln. Ich vermisse ein bisschen die wohlgenährten Stubentiger aus Deutschland. Die Katze ist super putzig. Einzig ihre Färbung ist im ersten Moment doch etwas sehr irritierend, denn mit ihren schwarzen Flecken am Kopf, die einen Seitenscheitel ähneln und ihrer schwarzen Nase, weckt sie gewisse Assoziationen zu Personen aus der Geschichte.
Nach einer guten halben Stunde finden wir einen Geldautomaten. Die Lauten Tastentöne sind im ersten Moment etwas seltsam. Außerdem brüllt der Geldautomat irgendwann im Vorgang eine Anweisung auf spanisch.
Max erklärt er habe noch immer Hunger. Bei einen Schrank wie ihm, der heutigen Fahrradtour und dem kleinen Toast-Burger ist das kein Wunder. Wir laufen einige Zeit umher und Max beäugt einige Lokale skeptisch. So richtig spricht ihn wohl keines an.
Wir kommen an einen kleinen Park, mitten in der Innenstadt von Trinidad. Er ist nicht sehr groß, vielleicht halb so groß wie ein Fußballfeld. Aber die Beete überwachsen in der Mitte einen hohen Pavillon, in dem man sitzen kann und im Licht der abendlichen Sonne wirkt das Meer aus blauen Blüten über unseren Köpfen schon sehr eindrucksvoll. Am Rande des Parks steht eine Büste von Stalin und lächelt gutmütig. Wir laufen in den Pavillion hinnein und plötzlich rauscht etwas kleines an unseren Ohren vorbei. Ein kleiner Kolibri durchstöbert die Blüten am Boden und schwirrt dann mit der gleichen Eile mit der er erschienen ist wieder ab. Ich bin fasziniert und starre lange in die Blüten über meinem Kopf, in der Hoffnung ihn nochmals zu entdecken.
Restaurantempfehlung in Trinidad
Nach einiger Zeit drängt mich Max weiter zu gehen, sein Hunger meldet sich wieder. Die Sonne geht gerade unter. Wir laufen weiter ziellos durch die Gassen und ich beginne langsam daran zu zweifeln, dass wir überhaupt noch etwas finden. Da plötzlich ist es, das Adita. Das Lokal sieht schon von außen super modern und fancy aus. Monitore hängen im Eingang und zeigen stylische Foodpics. Mitten im Raum liegt ein großer Käse auf einem Regal.
Das Lokal ist gut besucht. Wir nehmen einen Platz in der Ecke der Empore. Die Karte liest sich wie ein Traum – richtiges italienisches Essen. Natürlich halten sich meine Erwartungen in Grenzen. Die Preise sind für hiesige Verhältnisse allerdings schon mal gehoben.
Ich bin noch immer papp satt von meiner Saure-Gurken-Pizza und entscheide mich nur für eine Nachspeise – Flan con Coco. Max bestellt eine Pizza mit Hackfleisch. Dazu bestellen wir zwei Cocktais: Pina Colada für Max, Sangria für mich.
Wir warten bereits einige Zeit auf das Essen, als Max plötzlich unter vorgehaltener Hand meint er bräuchte mal ein WC. Ich erinnere mich die Räume beim heraufkommen gesehen zu haben. Sie sind lustig mit eingerahmten Unterhosen markiert. Ich deute fragend nach hinten, verwundert warum er mir das erzählt. Er schüttelt missmutig den Kopf. „Die Herrentoilette ist schon besetzt seit wir da sind und unser Kellner sitzt jetzt seit über zehn Minuten auf der Damentoilette“.
Als unser Essen kommt ist unser Kellener wieder zur Stelle. Er wirkt etwas missmutig. Das alles ist jedoch vergessen als wir das Essen sehen. Die Pizza sieht geil aus. Der Flan (eine Art Puddingkuchen) ist geil! Klar hatten wir einen anstrengenden Tag und klar, haben wir unsere Ansprüche etwas herabgeschraubt seit wir in Kuba sind – Aber das ist mal richtig brauchbares Essen! Dass es nicht nur der Hunger ist weiß ich allerdings deshalb, weil mir der Sangria nicht schmeckt. Er ist nicht schlecht, vermutlich im Gegenteil – Aber ich kannte bisher nur den billigen Fusel aus dem Supermarkt.
Ich bin im siebten Himmel und schwebe anschließend geradezu zurück in die Unterkunft und schwelge in süßen Träumen.