Datum: Sonntag 03.02.2019 | Ort: Antigua
Die Fahrt im Nachtbus nach Antigua
Ich wache davon auf, dass der Bus in dem ich sitze eine Vollbremsung macht und ich in den Gurt gerissen werde. Mein erster Gedanke ist “Scheiße jetzt haben wir einen Unfall gebaut”. Doch da setzt sich der Bus auch schon wieder in Bewegung. Es ruckelt unangenehm, wie auf einer Schotterpiste. Der Bus beschleunigt schnell, dann macht er wieder eine Vollbremsung. Dazwischen gibt es immer wieder scharfe Kurven und manchmal hupt der Bus, manchmal der Gegenverkehr.
Immer wieder falle ich in einen leichten Schlaf und immer wieder werde ich von einer scharfen Bremsung, einer engen Kurve oder einem Stück Huckelpiste aus dem Schlaf gerissen.
Umsteigen in Guatemala Stadt
Um vier Uhr morgens schließlich geht das Licht im Abteil an. Verschlafen blinzle ich und schaue auf die Uhr. Sollten wir nicht erst viel später in Guatemala Stadt ankommen? Max neben mir räkelt sich und beginnt seine Schuhe anzuziehen. Ich schaue ihm mit fragendem Blick zu. “Wir sind gleich da.” sagt er irgendwann mit einem auffordernden Unterton.
Ungläubig zücke ich mein Handy und sehe vor mir das gleichförmige Gitternetz der ehemaligen Kolonialstadt. Wo der Busbahnhof ist, weiß ich allerdings nicht. Ich müsste ja mal auf die Toilette, aber so eben ist besetzt und dann sind wir auch schon da.
Der Busbahnhof von Guatemala Stadt ist ein Witz. In einer engen Straße gibt es einen noch engeren Parkplatz. Jeder ankommende Bus sorgt im kompletten Viertel für ein Verkehrschaos, da er rückwärts einparken muss. Da die Parkplätze aber so eng sind und auch bereits jetzt in der Früh um vier viel Verkehr herrscht, dauert das rückwärts Einparken auch noch ewig.
Draußen vor dem Bus steht bereits ein junger Mann mit einem Schild ‘Antigua’. Er fragt ob wir nach Antigua wollen und tatsächlich hat er eine Liste mit unseren Namen darauf. Wir holen noch schnell unser Gepäck und laufen dann mit ein paar Mitreisenden zu einem typischen Collectivo-Kleinbus. Unser Gepäck kommt auf das Dach, wir kommen in den Innenraum. Dann warten wir.
Ein ungeplanter Aufenthalt in Guatemala Stadt
Unser Fahrer sucht entweder noch ein paar Leute um seinen Bus voll zu bekommen oder es fehlen Leute von seiner Liste. Ganz klar wird das nicht. Doch er telefoniert und läuft am Bahnhof herum und jedes mal wenn ich denke, jetzt steig ich nochmal aus und suche mir ein Klo, kommt er wieder und setzt sich ans Steuer – nur um kurz darauf wieder auszusteigen. Ich bin gerade noch recht verschlafen, ziemlich neben der Spur und mit dem Gewusel und der unbekannten Gegend etwas überfordert.
Nach einer gefühlten Ewigkeit von mindestens einer Stunde fahren wir endlich los. Unser Fahrer packt noch zwei Passagiere die er irgendwo aufgegabelt hat ein. Dann verlassen wir Guatemala Stadt. Trotz der frühen Morgenstunde ist die Stadt schon sehr voll. Wir fahren vorbei an schäbigen Straßen und Vierteln die nur als Slum bezeichnet werden können. Dann geht es hinaus aus der Stadt und die meiste Zeit eine gut ausgebaute Bergstraße entlang. Die Sonne geht gerade auf. Es könnte schön aussehen, doch die Fenster sind zu angelaufen, um etwas zu erkennen. Die beiden Touristinnen vor uns schlafen, es spielt beruhigender Jazz und ich gucke verträumt vor mich hin.
Antigua ist ja hübsch aber..
Dann erreichen wir Antigua. Mein erster Eindruck ist, dass es sehr holprig ist. Die Touristen in unserem Wagen werden an verschiedenen Stationen abgesetzt. Wir sind als drittes dran. Als wir aussteigen stehen wir ein einer hübschen Seitenstraße mit bunten Häusern im Kolonialstil, über deren hohe Gartenmauern blühende Blumen hängen. Mein einziger Gedanke ist allerdings: Ich bräuchte mal eine Toilette.
Also laufen wir im Stechschritt zum Airbnb nur um dann festzustellen dass unser Gastgeber anscheinend noch nicht da oder noch nicht wach ist. Angekündigt hatten wir uns eigentlich online. Also geht es im Stechschritt wieder zurück, rein in die Stadt, die hübsch ist, mich nur leider gerade nicht interessiert, hin zum ersten Lokal auf Google Maps, das nicht mehr existiert, eine Straße weiter wo zwei Lokale noch geschlossen haben und rum ums Eck wo ein kleiner Mann gerade die Tür eines Cafes aufsperrt. Hier werden wir Frühstücken, koste es was es wolle!
Das Cafe stellt sich als ayurvedisch angehauchter Superfoodladen heraus. Über dem Klo gibt es einen Monitor auf dem Samuraifilme laufen – die man vom Klo aus aber gar nicht sieht.
Im Gastraum hängt ein weiterer Großer Fernseher auf dem Zeitrafferaufnahmen laufen. Wir bestellen ein normales Frühstück von der Karte. Es ist Rührei mit Moringa und Chlorella, dazu Tortillas, die mit Aktivkohle schwarz eingefärbt sind und dazu Bohnen und frittierte Bananen. Klingt seltsam, ist es auch. Dazu bestellen wir einen Smoothie mit Beeren und Kakao, der so viel Kakao enthält, dass er metallisch schmeckt.
Als wir nach dem Frühstück zurück zur Unterkunft tigern ist dann auch unser Gastgeber da.
Das ist auch gut so, denn Max hat nach seinem Sturz nach wie vor Rückenschmerzen und möchte seinen Rucksack loswerden.
Das Zimmer ist einfach aber schön. Es gibt ein Badezimmer und ein Fenster und sogar einen Wasserkocher. Außerdem können wir die Küche mitbenutzen.
Uns reicht gerade allerdings erst einmal das Bett und so legen wir uns direkt hin und schlafen ein paar Stunden.
Als ich nach ein paar Stunden wach werde ist es dieser Zustand bei dem man nicht weiß wo man ist, geschweige denn in welchem Jahr.
Ich könnte vermutlich direkt weiterschlafen, aber Max ist wach und hat Hummeln im Hintern. Eigentlich will ich Antigua ja auch sehen. Also ziehen wir los.
Das Stadtbild von Antigua
Die Stadt ist kunterbunt und lebendig. Sie erinnert mich im positiven Sinne an Merida in Mexiko. Im positiven Sinne vor allem deshalb, weil sie sauberer ist und ein wenig übersichtlicher. Man merkt schnell, dass es eine Touristenstadt ist. Es gibt viele Bars, Cafes und internationale Restaurants. An den zentralen Plätzen sind auch zahlreiche Souvenierhändlerinnen unterwegs. Gelegentlich laufen auch Händler mit Elektroniartikeln und Nüssen herum.
Die Souvenierhändlerinnen sind toll in die hiesige Tracht gekleidet. Die Outfits sind sehr farbenfroh und die Gesichter strahlen vor allem bei den älteren viel Geschichte aus. Natürlich sind diese Outfits auch zu einem guten Teil Show für die Touristen. Aber das Stadtbild wäre ohne sie ein anderes.
Zunächst setzen wir uns ein wenig in den Stadtpark und sehen dem bunten Treiben zu. Dann laufen wir an einigen Sehenswürdigkeiten vorbei. Hier gibt es besonders viele Souvenierhändlerinnen.
Tolle Aussicht über Antigua
Max hat auf der Karte einen Aussichtspunkt auf einem Hügel ausgemacht. Dieser ist unser nächstes Ziel. Es geht ein gutes Stück den Berg hinauf – Ich muss ordentlich schnaufen und mir graut es bereits jetzt vor der Vulkanwanderung.
Der Blick von oben entschädigt uns allerdings vollkommen. Man steht dem Vulkan de Agua hier direkt gegenüber. Imposant steht er da, die Spitze nebelverhangen. Antigua ist dagegen nur eine kleine Fußnote zu seinen Füßen.
Zu unserer Rechten schimmern zwei weitere Vulkane durch die Wolkenwand. Hier ist man den Elementen ausgeliefert.
Wir bleiben einige Zeit sitzen und beobachten die Stadt von oben. Deutlich sieht man die vielen Kirchen und die farbenfrohen Busse, die auf den gitternetzartig angelegten Straßen herumfahren. Schnell fährt hier niemand, dafür sorgt das unebene Kopfsteinpflaster zuverlässig.
Wir verlaufen uns auf dem Markt
Wir gehen zurück in die Stadt. Zufällig stoßen wir dabei auf einen Markt. Wir lieben Einkaufszentren und Märkte gleichsam. Sie spiegeln die Gesellschaft auf engstem Raum wieder. In diesem Markt bekommt man alles. Am Eingang gibt es eher Kleidung, dann landen wir bei Schuhen, Gewürzen, Fleisch und Technik. Schließlich kommen wir auch zu Obst. Es ist eng, ein wenig chaotisch, aber trotzdem hat alles seine eigene Ordnung. Jeder Stand hat ungefähr zwei bis drei Meter Fläche zu den schmalen Wegen dazwischen hin. Die meisten Stände sind allerdings quadratisch. In manche kann man hinnein gehen, andere haben hinten ein Lager und bei manchen gibt es ein Zimmer im hinteren Teil – abgetrennt durch eine Holzwand.
Wir laufen einige Zeit vergnügt durch den Markt. Es wird sehr viel buntes Konfetti verkauft – teilweise in Eierschalen, sodass man es theoretisch werfen könnte. Wozu, das erschließt sich uns jedoch nicht so ganz. Was wir allerdings nicht mehr finden ist ein Ausgang.
Irgendwann landen wir in einer Art Foodcorner. Hier gibt es viele kleine provisorisch aussehende Lokale. Eine Dame quatscht uns an und preist ihre Karte. Sie hat sogar ein vegetarisches Menü im Angebot. Spontan setzen wir uns.
Für mich gibt es verschiedenes Gemüse, Reis, Bohnenpüree und die obligatorischen Tortillas. Max ist Hühnchen mit Reis. Eine Tomatensuppe ist bei ihm auch noch dabei. Dazu bestellen wir noch ein Wasser und Max eine Cola und zahlen am Ende gigantische 4€ – für alles zusammen. So günstig haben wir tatsächlich noch nirgends gegessen. Dafür war das Essen auch verdammt gut.
Während wir essen kommen auch zwei Kanadier vorbei, die sich auch spontan setzen. Sie haben sich ebenfalls im Markt verlaufen erzählen sie uns. Sie machen am gleichen Tag die Vulkanwanderung wie wir. Wir sind gespannt, ob man sich dort trifft.
Nach dem Essen finden wir dann zum Ausgang des Marktes – Nicht auf Anhieb, aber immerhin.
Schüsse oder Vulkanausbruch?
Zurück in der Unterkunft hören wir immer wieder ein Knallen, wie von Raketen. Kann es sein, dass man den Berg so weit hört, rätseln wir. Aber irgendwie scheint es aus verschiedenen Richtungen zu kommen. So ganz können wir die Geräusche nicht einordnen.
Ich sage mir selbst, dass uns hoffentlich schon jemand bescheid sagen würde, wenn es Schüsse sind oder der Vulkan gleich ausbricht. Sirenen und Kirchenglocken hören wir auf jeden Fall nicht. Müde wie wir sind, schlafen wir dann auch trotzdem sehr schnell ein.