Datum: 23.10.2018 | Ort: Playa Larga
Touristenleben in Playa Larga
Nachts oder in den frühen Morgenstunden gibt es draußen einen ganz schönen Terz. Ein LKW lässt gefühlt stundenlang seinen alten, super lauten Motor laufen. Außerdem gibt es mehrmals ein Hupkonzert. Dass die Nachbarn am Vorabend bis spät in die Nacht die komplette Nachbarschaft beim Dominospielen mit Salzamusik beschallt und dabei herumgegrölt haben, davon möchte ich erst gar nicht anfangen. Aber sagen wir so: Ich denke, dass die meisten Deutschen, würden sie nach Kuba ziehen, sich erst einmal Thujahecke, dann eine sehr hohe Gartenmauer und dann dicke Vorhänge zulegen würden. Hinter diesen Vorhängen würden sie dann hervorlinsen und ihre neuen Nachbarn verfluchen. Auf jeden Fall wäre das hier mein unausweichliches Schicksal, denn Ruhezeiten, Rücksicht und Schlaf scheinen die Leute hier bei Weitem nicht so ernst zu nehmen wie bei uns.
Ich wache also auf, habe immer noch fürchterliche Kopfschmerzen und bin unausgeschlafen. Außerdem bin ich noch immer schlapp und draußen ist kein Hund. Eigentlich haben ich keinen Grund aufzustehen – bis auf Vivians Frühstück. Mein Appetit, der sich gestern für meine Verhältnisse sehr in Grenzen hielt ist nämlich wieder zurück. Und Vivian hat wieder aufgekocht. Heute gibt es auch Guavengelee zum Käse und kleine Blätterteigtaschen mit Guavenfüllung. Es ist alles ganz fürchterlich lecker!
Nach dem Essen brauche ich erst einmal trotzdem eine Pause. Dann gehen wir langsam, aber schon wieder deutlisch schneller als gestern los um Wasser zu kaufen und uns den Ort noch etwas mehr anzusehen. Außerdem braucht Max Auslauf, er hat heute einen ziemlichen Stubenkoller.
Wir laufen los in Richtung der Kokosnüsse von gestern. Der Stand hat heute allerdings zu. Wir gehen weiter. Was auffällt hier ist, wie viele Häuser gerade gebaut oder umgebaut werden. Vermutlich boomt der Tourismus. Wir kommen an einigen wenigen Lokalen vorbei. Es gibt sehr viele Casa paticulares. Sonst hat der Ort nicht viel.
Wir kommen an einen kleinen Laden. Er sieht aus wie eine große Imbissbude aus Stein, vorne Tresen, an der Rückwand die Waren. Vor dem Tresen ist ein schweres Metallgitter. Die Verkäuferin reicht die Waren durch ein kleines Fensterchen darin. Dabei reden wir hier aus deutscher Sicht nicht von Luxusartikeln. Das teuerste im Laden ist ein Parfum für unter 10 CUC. Der Großteil des Angebots besteht jedoch aus Dingen wie Gemüse in Dosen, Softdrinks und Abschminktüchern. Als wir dran sind, fragen wir nach Wasser. Wasser gibt es hier nicht, werden wir informiert. Beim Weggehen sehe ich, dass außen am Laden eine mannshohe Werbung für Wasser prangt.
Der Strand von Playa Larga
Wir gehen weiter den Ort entlang. nach einem Guten Stück weichen die Felsen wieder einem schmalen Sandstrand. Das Wasser ist rot und kleine tote Fische liegen im Sand. Es müffelt. Zunächst denken wir an giftige Rotalgen. Später klärt uns ein Einheimischer auf, dass das rote Wasser davon kommt, dass es die letzte Tage stark geregnet hat. Dann nämlich drückt das Wasser aus den Mangroven ins Meer. Das Wasser ist absolut unschädlich aber eben braun. „Und die toten Fische?“ fragen wir. „Beifang der Fischer, die vor der Küste ihre Netze reinigen.“. Na ganz lecker.
An einer Stelle am Strand, sehen wir einen alten Mann, der den Strand reinigt. Er kehrt alles was er dort findet – Blätter, tote Fische, Plastik – in das Grünzeug direkt neben dem Sand. Entsprechend stapeln sich dort bereits die alten Plastikverpackungen.
Wir kehren um und gehen noch ein Stück in die andere Richtung an den Strand. Sauberer ist es leider auch hier nicht. am Eingang des Strandes sitzt ein einzelner Mann neben einer Liege und hält mit leicht frustrierten Blick ein Schild hoch auf dem MASSAGE steht. Ich bin mir nicht sicher ob ich hier am Strand, wo alle vorbeilaufen eine Massage haben wollen würde.
Wir laufen ein Stück am Strand entlang. Ich muss mich gelegentlich setzen und Max macht derzeit das Ufer unsicher. Nach einiger Zeit kommt er ganz begeistert und nimmt mich mit zu den riffartigen Steinen, die Teile des Ufers bilden. In ihnen gibt es kleine natürliche Pools, manche einen Meter lang, viele auch deutlich kleiner, die mit Wasserrinnen verbunden sind. Darin schwimmen kleine Fische herum: Drückerfische die gelb und schwarz gestreift sind, Grundeln, die man im Sand fast nicht sieht und dazu eine Art deren Namen ich leider nicht kenne.
Max hatte früher ein Meerwasseraquarium. Darin gab es zwei Clownfische die nur die Nemos hießen. Dann gab es einen blauen Palettendoktor, der hieß sehr kreativ Dori. Außerdem gab es einen kleinen Fisch, der sich immer in den Steinen versteckte. Er war lila und hatte eine gelbe Schwanzflosse. Er hatte keinen Namen. Also taufte ich ihn Bob.
Warum ich das erzähle? In diesen kleinen Pools gibt es ganz viele Bobs. Manche sind ganz klein, noch weniger als einen Zentimeter. Andere sind fast zehn Zentimeter groß. Die meisten sind lila, wie mein Bob. Ein paar schillern aber auch blau.
In einem der Pools finden wir einen weiteren Fisch. Er ist fast schwarz, so groß wie meine Hand und schwimmt auf dem Rücken und zappelt dabei vor sich hin. Ich schubse ihn vorsichtig an, versuche ihm Starthilfe zu geben sich noch mal umzudrehen, doch er schafft es nicht mehr herumzukommen. Die Schwimmblase hat bereits zu viel Luft erklärt mir Max. Schade um das schöne Tier.
Wasser, Straßenhunde und Sprachprobleme
Im Laden am Strand ist das Wasser ausverkauft. In unserer Unterkunft haben wir nichts mehr zu trinken. Nun sind wir ratlos, wo wir Wasser auftreiben sollen. Wir laufen über die Wiese zurück zu unserer Unterkunft. Mitten auf der Wiese steht ein heruntergekommenes Gebäude, das wir bisher für eine Schule gehalten hatten. Es stellt sich jedoch als Restaurant heraus. Es hat auch einen kleinen Kiosk dabei. Dort bekommen wir zwei 5 Liter-Kanister Wasser für jeweils 1,9 CUC. Auch wenn der Kassierer kein Wechselgeld auf die vollen CUC hat, ist der Preis für hiesige Verhältnisse unschlagbar.
Wir gehen zurück zum Zimmer, ich muss mich noch etwas ausruhen. Auf dem Weg dorthin spricht Max eine Gruppe Straßenhunde an. Sie folgen uns gutgelaunt. Eine kleiner Rüde ist gar so dreißt, dass er patu mit in unser Zimmer möchte. Ich setze ihn jedoch bestimmt vor die Tür. Ich kenne ihn ja gar nicht.
Ich lege mich ein bisschen ins Bett und ruhe mich aus. Nebenan laufen irgendwo Serien auf spanisch. Sie klingen wie die Serien der 70er und 80er. Matlock, Danverclan, ein Colt für alle Fälle, Hart aber Herzlich, Mc Guiver, Knightrider: Das waren noch Zeiten – Ich meine ich war da nicht dabei, aber als ich ein Kind war, liefen die Serien noch in der 1000sten Wiederholung im Nachmittagsfernsehn auf Tele 5.
Auch wenn ich kein Wort der Serie nebenan verstehe, weiß ich zwei Dinge sicher: Es gibt einen Guten, es gibt einen Bösen, mit ganz bösem Lachen, und es gibt Action.
Auf einmal wird es vor unserer Tür laut. Max wirft einen Blick hinaus uns lacht. „Ist der Hund immer noch da?“ frage ich mit schiefem Grinsen. „Es sind drei“ antwortet er amüsiert. Ich werfe selbst einen Blick zur Tür hinaus. „Jup, und bald noch mehr!“ erkläre ich. Max sieht mich fragend an. Es rumpelt vor der Tür. Zwischen Vivians Gartenstühlen werden wir Zeuge von etwas, was wohl selbst in Fachreise nur korrekterweise als Rudelbumsen bezeichnet werden kann. Ich mache ganz leise die Türe zu und hoffe, dass Max vierbeinige Gäste da draußen nichts anstellen, für das ich mich später bei Vivian entschuldigen muss.
Ich chille mich zurück aufs Bett. Max sitzt mit dem PC neben mir. Auf einmal fängt er an mit dem PC zu reden und es klingt als hätte er einen Schlaganfall. „Alles okay?“ frage ich erschrocken. Max sieht mich leidend an; “ I Ich ha habe hab e sooo o ein eine R Rü Rükopung kopplung in nn de n n Ko p f höreern“ stammelt er unglücklich. Ich kann mich nicht hallten. Er guckt so bedröppelt. Ich muss lachen.
Abendessen in Playa Larga
Abend machen wir uns auf die Suche nach einem Lokal. Auch wen Vivian toll kocht, wollen wir ja Playa Larga ein bisschen besser kennenlernen.
Das erste Lokal in das wir kommen, hat eine tolle Aussicht auf das Meer. Man sitzt auf einem Balkon und kann in die Weite der Bucht sehen. Allerdings hat das Lokal keine Speisekarte, sprich, man weiß nicht was und zu welchen Preisen man bekommt. Darüber hinaus verstehen sie absolut nicht, dass ich kein Fleisch essen möchte. Daher gehen wir weiter.
Das zweite Lokal ist zwar nicht so hübsch aber der Kellner ist wahnsinnig zuvorkommend. Wir sehen die Karte an, auch hier gibt es nichts Vegetarisches. Ich freunde mich gerade mit dem Gedanken an wieder einmal Reis zu essen, als der Kellner kommt und Max erklärt Hühnchen sei leider aus. Max schaut noch mal in die Karte und bestellt stattdessen Rind. Rind sei auch aus, erklärt der Kellner zerknirscht. Sie hätten aber ganz tollen Fisch. Als der Kellner uns am Eingang die Karte gezeigt hatte, war davon nicht die Rede gewesen. Max mag keinen Fisch. Wir zahlen unser Wasser und gehen ohne etwas gegessen zu haben.
Wir drehen um und gehen ein Stück die Hauptstraße entlang. Max App hat hier zwei Lokale verzeichnet. Allerdings gibt es diese anscheinend nicht mehr. Also drehen wir wieder um, laufen erneut den ganzen Ort nach hinten und finden schließlich ein dunkles vergittertes Häuschen mit Palmenblätterdach. Wir gehen hinnein und ein Kellner begrüßt uns. Als wir auf Englisch nach der Karte fragen ist er überfordert und holt von hinten seien Chef. Dieser begrüßt uns freundlich auf Englisch, es stellt sich jedoch schnell raus, dass er sehr gut Deutsch spricht und einige Zeit bei Stuttgart gelebt hat.
Eine Karte gibt es nicht, aber er macht uns nach einer Aussage mal was Gutes. Wir sind etwas ratlos, aber lassen uns darauf ein. Das Essen ist tatsächlich gut, ich bekomme einen Teller mit allem was sie so vegetarisches im Haus hatten: Ei, Gemüse, Reis, Bananenchips, Avocado. Max bekommt das Gleiche nur ist sein Ei vor längerer zeit geschlüpft gewesen – sprich er bekommt statt Omlett Hühnchen. Das Essen ist für die Verhältnisse von Playa Larga mit ungefähr 8 CUC pro Person dann auch relativ teuer. Andererseits gibt uns der Besitzer noch einige Infos über den Ort und erzählt davon, wie es hier bei der letzten Regenzeit abgehaust hat und das ist ziemlich spannend.
Inzwischen ist die Sonne untergegangen. Unweit des Ortes hat sich eine Gewitterzelle aufgebaut und ein faszinierendes Wetterleuchten erhellt gelegentlich den Nachthimmel. Wir machen noch einen kleinen Stop am WIFI-Point. Während Max surft, bemerke ich das kleine Hündchen vom Vortag. Sie freut sich, ich freue mich. Wir liegen uns in den Armen und ich bin beschäftigt.
Kinderspiele auf Kuba
Als wir zurück zu unserer Unterkunft kommen ist dort gerade riesen Action. Die Enkel unserer Gastgeber spielen enthusiastisch mit den Nachbarskindern auf der Terrasse Murmeln. Ich habe in Deutschland noch nie Kinder Murmeln spielen sehen. Sie haben eine riesen Freude dabei. Vivian steht daneben und macht Schiedsrichter und freut sich bei jeder gut geworfenen Kugel enthusiastisch mit. Wir setzen uns an die Hausmauer und schauen zu.
Irgendwann bemerke ich einen komischen Gegenstand in der Größe einer Kartoffel am Boden liegen. Eine Seite ist spitz. Ein Kreisel vielleicht, überlege ich mit Max. Wir fragen Vivian. Die Kinder sind Feuer und Flamme uns ihr tolles Spielzeug zeigen zu können. Die Murmeln werden weggeräumt und eine Schnur wird geholt. ‚Trombo‘ heißt das Teil und ist eine Art Wurfkreisel. Ziel ist es, einen am Boden liegenden Kreisel mit aller Wucht zu treffen. Dabei wird der Kreisel wie ein Jojo an einer Schnur aufgewickelt und dann mit aller Wucht auf den Boden geschleudert. Das Ding fliegt mit voller Wucht durch die Gegend, hüpft über den Boden, saust herum und prallt immer wieder an Mauern oder den Boden ab. Bei zwei der Trombos brechen dabei die metallenen Spitzen ab. Das scheint etwas absolut ungewöhnliches zu sein. Der Trombo wird herumgezeigt und Vivian lacht die Kinder ganz herzlich aus.
Der jüngere Sohn des Hauses kommt vorbei. Er setzt sich dazu und feuert seine Neffen an. Dann nimmt er erstaunt die kaputten Trombos in Augenschein. Da er Englisch spricht, bekommen wir die Wurftechnik erklärt und auch die Regeln für die Murmeln: Ich versuche deine Murmel abzuschießen und du meine. Wer trifft bekommt die Murmel des anderen. Ob sie am Schluss wieder ausgeteilt werden weiß ich nicht, aber ich denke schon.
Einen Ausflug organisieren
Wir erklären dem Sohn, dass wir morgen gerne einen Ausflug machen würden. Er fragt uns wo wir hin möchten. Wir erklären es kommt ein wenig auf die Preise an. Ramiro legt uns seinen bekannten ans Herz, der uns auf dem Motorrad mitnehmen würde. Wir möchten aber in Anbetracht der hiesigen Straßen lieber ein Auto. Also telefoniert Ramiro ein bisschen herum und findet ein Auto. 110 CUC soll es für den ganzen Tag kosten. Das ist viel zu teuer. Eintrittspreise kämen ja noch obendrauf. Es gibt ein bisschen Verwirrung als wir sagen, dass uns das zu teuer ist, was denn nur der Nationalpark kostet. Schließlich einigen wir uns auf 35 CUC für das Auto für den Park, zuzüglich Eintritt. Im Nachhinein betrachtet, war das vermutlich immer noch viel zu teuer.